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Hinter dem Ruf nach kommunikativer Verständigung verschanzen sich die Vollidioten

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Beitrag der Gruppe Morgenthau zur Kundgebung „Kein Adorno-Preis für Judith Butler“ am 11.09.12

Sehr geehrte Damen und Herren,
als Anfang Juni dieses Jahres bekannt wurde, dass die im globalen Kampf gegen Israel aktive Identitätsforscherin Judith Butler, die es vorzieht, den Zionismus zu dekonstruieren statt Israel mit Gewalt zu beseitigen, den Theodor W. Adorno-Preis der Stadt Frankfurt erhalten wird, haben wir kurz darauf mit dem Text Never Mind The Adorno, Here‘s The Judith Butler erklärt, dass Butlers Verständnis für antisemitische Mörderbanden, deren Ziele sie offensichtlich für progressiv hält, auch wenn sie die Mittel ablehnt, kein Fauxpas einer ansonsten ehrenwerten Philosophin ist, sondern aus ihren politischen und ethischen Ansichten unmittelbar hervorgeht. Weil vor ein paar Wochen noch nicht absehbar war, dass die Sache verhältnismäßig hohe Wellen schlagen würde, haben wir uns dabei auf die Kritik der Schriften Butlers konzentriert. Daran anschließend reichen wir hiermit die Kritik einer sehr deutschen Entrüstungskampagne nach.

Quelle: http://i.imgur.com/MnqRq

“Kuratorium des Adorno-Preises” – Eine Collage die seit Tagen die Runde im Netz macht.
Quelle: http://i.imgur.com/MnqRq

Entrüstungsfreudig zeigten sich während der letzten Wochen nahezu alle Fraktionen des deutschen Meinungsbetriebs. Nachdem der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, der Preisträgerin „moralische Verderbtheit“ und dem Preis-Kuratorium „fehlende moralische Festigkeit“ attestiert hatte, löste die Sorge um das Ansehen Deutschlands in den Redaktionsstuben hektische Betriebsamkeit aus. Auf Kramers Kritik folgten prompt Kommentare in fast allen Tageszeitungen, in denen von der kleinen Rüge für die Preisträgerin bis zur großen Empörung über die „harsche Kritik des Zentralrates“ bis hin zu totalitarismustheoretischen Fangesängen aus dem Block liberaler Ultras alles dabei war. Viele waren sich indes einig, dass sachlicher Dialog am besten sei, sichergestellt durch einen runden Tisch mit Micha Brumlik, der als jüdischer Betreuer des Nationalgewissens die besonders pathologischen Fälle des Israelhasses ins Gespräch nimmt. Bei so viel Konstruktivität meldete sich die vom Ernstnehmen ihrer eigenen Worte völlig verschreckte Butler erneut zu Wort, zeigte sich tief verletzt und rief zu vielen weiteren Gesprächen über den zum Kolloquiumsthema verniedlichten Vernichtungsantisemitismus.
Die Stadt zeigtsich indes hartnäckig und lässt sich in die Preispolitik nicht reinreden. Das diskursive Elend geht also weiter. Es wäre allerdings auch dann weiter gegangen, wenn man die Preisverleihung an Butler verhindert und flugs einen Ersatzkandidaten gefunden hätte. Unappetitlich wäre diese Auszeichnung selbst dann noch, wenn sie Sasha Stawski, dem professionellsten aller Netzwerker für Israel, überreicht würde.
So unverschämt es ist, Butler mit Adorno in Verbindung zu bringen – verwunderlich ist es nicht. Der vom Aktionsbündnis Kein Adorno-Preis für Antisemiten an das Kuratorium gerichtete Appell, Butler die Ehre zu verweigern, damit wieder Ordnung einkehre, ist eine Höflichkeit, die keiner der Verantwortlichen verdient hat. Dass es neben vielen anderen Preisen auch einen Adorno-Preis gibt, verdankt sich schließlich nicht jenem ausgeprägten Sinn für die Dialektik der Aufklärung, den Jürgen Habermas, ebenfalls Adorno-Preis-Ikone, den Bevölkerungen Kerneuropas andichtete, sondern dem Bedürfnis, Adorno einzudeutschen. Einem Volk, das es fertig bringt, Auschwitz als volkspädagogische Maßnahme zu deklarieren und als Wettbewerbsvorteil im globalen Nationalitäten-Ranking durchzusetzen, geht es auch flott von der Hand, einen radikalen Kritiker als geistiges Nationalgut zu verbuchen.
Dass hochstapelnde Grabschänder aus dem deutschen Kulturmanagement und der Universitätsbürokratie aus der Katastrophe ein Geschäft machen, indem sie Adornos Kritik – die er in der Absicht entwickelte, dazu beizutragen, dass Auschwitz sich nicht wiederholt als Zitatfundgrube und Diskurshäppchen auf Konferenzen verwenden, um sich ein bisschen Glanz abzuschnorren, ist so wenig neu wie die Indienstnahme toter Juden für deutsche Interessen. Dass man im Kuratorium dazu übergegangen ist, die Butlersche Handreichung an Judenmörder mit dem amtlichen Adorno-Siegel zu versehen und die Mitglieder auch noch die Frechheit besitzen, damit als Gesellschaftskritiker durchgehen zu wollen, das stellt jedoch eine neue Stufe im Demenzprozess der deutschen Intelligenz dar und kann mit universitärer Fachidiotie oder Moralabstinenz im Exzellenzcluster-Geschäft alleine nicht erklärt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die zähe Ausdauer beim Ertragen von Universitäts- und anderen Karrieren ebenso wie der krampfhafte Hang zum Positiven, um mit Adorno zu sprechen, direkt aus dem Todestrieb stammen.

So kommt es in der Folge vor, dass Kuratoriumsmitglieder mit größtmöglicher ideologischer Nähe zu Butler, die sich bei der internen theoretischen Legitimierung der Preisverleihung auf Grund des (Zitat) „riesen Werks“ von Butler besonders engagiert haben dürften, die wie auch immer fragwürdige mediale Empörung hierüber als „Blitzkrieg“ 1 deuten. So geschehen im Deutschland Radio von einer, die sich neben dem Griff in die Nazikiste durch den Stil ihrer Romane als Adoptivtochter von Martin Walser anzuempfehlen scheint. Die Rede ist von Marlene Streeruwitz, der Quotenfeministin im Gruselkabinett des Adorno-Preis-Kuratoriums.

Berufszweck von Leuten, die Adorno-Preise verwalten, ist es, den Kultur- und Wissenschaftsstandort Deutschland herauszuputzen. Dafür gibt es Geld, und wenn man lange genug brav mitmacht, auch Anerkennung, was jedem gegönnt sei. Anders als in Adornos Werken wird im postmodernen Universitätsbetrieb allerdings penibel darauf geachtet, dass politische Urteile weitestgehend ausbleiben – es sei denn, man will in der Gemeinde als kritisch intervenierender Diskurswissenschaftler reüssieren, dann nämlich ist es ratsam, mindestens einmal etwas gegen Israel zu sagen.

In einschläfernden akademischen Abhandlungen über die Elemente des Antisemitismus oder die Studien zum autoritären Charakter ist unterdessen kaum eine zu finden, in welcher Adornos Überlegungen gegen den weltweiten islamischen Antisemitismus in Stellung gebracht werden. Ganz offenbar ist die selbstauferlegte Schweigsamkeit zukunftsorientierter Akademiker eine Versicherung für Imageschäden. Wenn sie dann doch mal in eigener Sache politisch aktiv werden, geht es mit Sicherheit in die Hose. In einer von ein paar Dutzend verbeamteten Geisteswissenschaftlern (und solchen, die es noch werden wollen) unterzeichneten Unterstützungserklärung für Butler 2, in der Satz für Satz demonstriert wird, dass es akademische Verbeamtung nur um den Preis unheilbarer Verblödung gibt, heißt es in pflichtbewusster Loyalität mit der akademischen Übermutter Butler und den blamierten Kuratoriumsmitgliedern Axel Honneth und Rainer Forst zartfühlig:

„Wir widersprechen der Delegitimierung einer Philosophin, von der außer Frage steht, dass sie einer Kultur der Gewaltlosigkeit und der kommunikativen Verständigung verpflichtet ist.“

Einem Habermas wäre wenigstens auch noch im Stande weltanschaulicher Befangenheit der performative Widerspruch aufgefallen, der darin besteht, kritische Einwände mithilfe einer Sammlung mehr oder weniger prominenter Unterzeichner abzubügeln und sich dabei auch noch auf eine Kultur der kommunikativen Verständigung zu berufen. Unter dem Einfluss der Überdosis autoritären Versöhnungsjammers jedenfalls, die sich beim Lesen solcher Zeilen unweigerlich Geltung verschafft, weiß man nicht mehr sicher, ob sich hinter dem Ruf nach Frieden nun die Mörder oder doch nur die Vollidioten verschanzen. Um diese Frage zu klären, müsste man z. B. Erkundungen im Frankfurter Institut für vergleichende Irrelevanz durchführen, denn dort machen die hilfswissenschaftlichen Mitarbeiter des akademischen Unterschriftenkartells auf linksradikale Borderliner, sobald die Hausaufgaben für den Professor erledigt sind. Aber ganz so weit führen die Dienstwege der Aufklärung selbst uns nicht mehr.

Es gibt gute Gründe, den Versuch zu unternehmen, Butler und ihre akademischen Helfershelfer zu diskreditieren. Zu mau ist es aber, wenn der Widerspruch sich darauf kapriziert, die Preisträgerin durch Appelle an Land und Leute für untragbar zu erklären. Im Aufruf zu einer Kundgebung gegen die Preisverleihung, den einige im politischen Animiergeschäft tätige Israelfreunde aus Frankfurt verfasst und als Petition beim Kuratorium eingereicht 3 haben, heißt es im Jargon der Berufspolitik:

„Es mag für manche Menschen eine gute Sache sein, Auszeichnungen nach einem der größten Gesellschaftskritiker zu verleihen – die Auswahl der aktuellen Preisträgerin kann man jedoch einmal mehr als allzu grotesk bezeichnen.“

Es mag für manche Menschen eine gute Sache sein, Adorno in der Galerie der „größten Gesellschaftskritiker“ zu deponieren, wie es für manche Menschen eine gute Sache sein mag, den Handkäs einfach mal ohne Musik zu bestellen. Das Problem, um das es geht, ist aber weder allein die Auswahl einer politisch und moralisch in der Tat grotesken Grande Dame der gender-theory, noch die erbärmliche Institution namens Adorno-Preis, sondern das alle politischen Lager und Schichten übergreifende Einverständnis, wenn es um bzw. gegen Israel geht. Butler fungiert in diesem Spiel lediglich als prominente Stichwortgeberin, die dem Antizionismus, der nur die andere Seite des ökonomisch artikulierten Judenhasses darstellt, einen politisch korrekten Anstrich zu geben versteht. Die Preisverleiher haben nun ihren Teil dazu beigetragen, dem Ressentiment einen besonders ehrwürdigen Charakter zu verleihen. Wenig hat sich mithin geändert seitdem Horkheimer und Adorno in der Dialektik der Aufklärung feststellten, dass unter den Juden vor allem jene wohlgelitten sind, die das Volksvorurteil über die anderen Juden sich zueignen und bestätigen. So wie die in die Zirkulationssphäre Eingesperrten für das ökonomische Unrecht büßen mussten, muss Israel, Zufluchtsstätte der vom Antisemitismus Verfolgten, für das politische Unrecht büßen – für die Tatsache, dass ohne Gewalt kein Staat zu machen ist. Während das fetischisierte Bewusstsein der 99-Prozentigen noch davor zurückschreckt, die Krise des Kapitals der „jüdischen Hochfinanz“ anzulasten und sich einstweilen an Bankern und Spekulanten schadlos hält, sind die meisten Deutschen davon überzeugt, dass Israel der Staat sei, der vor allen anderen den Weltfrieden gefährde. Kein Zufall also, dass dieser Preis nicht zum ersten Mal an eine Person verliehen wird, die sich dem Kampf gegen Israel verschrieben hat. 1995 preiste man den französischen Filmemacher Jean-Luc Godard, der sich nicht nur als engagierter Leichenbestatter der autonomen Kunst hervor tat, sondern mit offener antisemitischer Propaganda hausierenging. Beim Vortragen seiner angriffslustigen Ressentiments zeigte sich Godard allerdings weniger verdruckst als seine Adornopreis-Genossin aus Berkeley. In einem Interview mit dem ZDF präsentierte er ein zum Hakenkreuz stilisierten Davidstern 4 und erklärte dazu: „Für uns, die wir einen Film über Palästina machen wollen, besteht die Arbeit darin, dass wir versuchen, den Zionisten Geld abzunehmen, damit wir Waffen kaufen können, um sie anzugreifen.“
Vor denen, die diesen Preis verleihen, die Knie zu beugen statt sie zu kritisieren, ist naiv. Beleidigte Appelle stören niemanden und sind, wenn es – wie hier – schlecht läuft, an Peinlichkeit kaum zu überbieten.

„Das Kuratorium, dem u.a. die ehemalige Oberbürgermeisterin Petra Roth sowie die Leiter des Instituts für Sozialforschung und des Sigmund-Freud-Instituts angehören, nannte sie eine der maßgeblichen Denkerinnen unserer Zeit. Wenn dies so stimmte, sagte es vor allem eine Menge über ‚unsere Zeit‘ und die Mitglieder des Kuratoriums aus. Ihre Teilnahme am “I like Israel-Tag” und die Pflege der Städtepartnerschaft mit Tel Aviv hätte sich Frau Roth somit besser gespart.“

Quelle: http://i.imgur.com/by8Lr


“Neulich im Exzellenzbunker”
Quelle: Video: What is Critique?

Abgesehen davon, dass die Möglichkeitsform „stimmte“ hier falsch ist, weil wirklich stimmt, dass Butlers Denken maßgeblich für unsere nicht ganz so große Zeit ist, überrascht das Vertrauen in die diplomatische Etikette. Statt nüchtern festzuhalten, dass es der ehemaligen Oberbürgermeisterin gelungen ist, bei lecker Hummus einem Israel-Tag beizuwohnen, ohne vom Wesen des Antisemitismus und den Organisationsformen der Antisemiten auch nur einen blassen Schimmer zu haben, kreidet man Frau Roth im beleidigten Ton an, dass sie bei der freundlichen Ausübung ihres Amtes, bei dem sie schließlich nicht fürs Denken bezahlt wird, pariert. Jedoch, wenn man verlässliche Leute im Publikum will, darf man keine celebritygeilen Volksfeste veranstalten, auf denen es in etwa so zugeht, wie bei der großen Tombola des Sachsenhausener Feuerwehrfests. Dann erspart man sich auch die schmerzliche Erkenntnis, dass der hochglänzende Werberummel, mit dem man sich auf solchen Zusammenkünften gegenseitig quält, um dem Staatspersonal ein stimmungsvolles Shalom zu entlocken, letztendlich für die Katz ist.
Was auf Dauer gesehen noch massivere Abnutzungserscheinungen hervorruft als deutsch-israelischer Verständigungskitsch, ist das Einvernehmen mit dem postnazistischen Gesamtgefüge und seinen als Kummerkästen für israelsolidarische Politikprofis akquirierten Apparaten. Richard Herzinger, einer der lustigsten Dienstboten der kapitalistischen Wettbewerbsordnung, ließ im Zuge der Butler-Debatte wissen, dass ihm der ganze Adorno-Scheiß gehörig auf die Nerven geht und konstatierte in erstaunlich frischer Unkenntnis beider Werke eine theoretische Nähe zwischen Butler und Adorno. Die „Antideutschen“, von denen Herzinger behauptet, dass sie die Israelsolidarität usurpiert hätten, mögen doch bitte ihre Dialektik der Aufklärung einpacken und nach Hause gehen. Engagierte Kampfansagen autoritärer Liberaler haben zwar keinen inhaltlichen Gebrauchswert, dafür machen sie unüberbrückbare Differenzen deutlich und dienen im besten Fall als Abschreckungsbeispiel für all jene, die immer noch glauben, dass Kampagnen, die aufs deformierte kapitalistische Massenbedürfnis setzen und die Kritik des Verblendungszusammenhangs ins selbe Programm passen. Von daher erwarten wir Herzingers angekündigte Fortsetzung mit Freude.

„Auf das Phänomen der präpotenten antideutschen Möchtegern-Gralshüter der ´Kritischen Theorie` wie auf die notorische
Methode, die Aufklärung mittels des Popanzes der “Dialektik”

zu erledigen, werde ich in Kürze ausführlicher zurückkommen.“

Sekundiert wird Herzinger von einem anderen Hausierer der freien Welt, dem allzeit sendungsbewussten Henryk M. Broder, der seine Leser wissen ließ, dass Adornos Minima Moralia zu prätentiös sei und damit als „philosophischer Ratgeber für alle Lebenslagen“
ausgedient habe. Wer, wie Broder, auf der Suche nach unprätentiöser Selbsthilfeliteratur ist, dem ist wohl mit einer Bahnhofbuchhandlung besser gedient, als mit der Lektüre Adornos
oder Horkheimers. Den Grund der intellektuellen Dekompositionserscheinungen Herzingers und Broders hatten die Autoren der Dialektik der Aufklärung übrigens schon damals durchschaut. „Es ist“, notierten Horkheimer und Adorno, „als ob die Menschen zur Strafe dafür, daß sie die Hoffnungen ihrer Jugend verraten und sich in der Welt einleben, mit frühzeitigem Verfall geschlagen würden.“ So lange allerdings, bis hochpotente Aufklärer wie Herzinger und Co. die Dialektik endgültig besiegt haben, nutzen wir die prätentiöse Diva unter den Methoden der Kritik, um Butler und Konsorten als ideologische Witzfiguren auszuweisen. Das tun wir in der Hoffnung, Israel durch die Bloßstellung seiner Gegner ein wenig zu entlasten.

Gruppe Morgenthau


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